Chronist und GK Wart

Bericht von Ralf Hallmann
Chronist und GK Wart

Tessin - mal kurz nach Bella Italia

..wenn wir den Pass überwunden haben, sind wir über dem Berg.....

Prolog ....

Ernie: "Du Bert, hör' mal. Ich verreise nach Island..."
Bert: " Ernie....!" Ernie: "Ja, Du, Bert, mit Natalie....im Juli.."
Bert: "Ernie...!"
Ernie: "Da ist es so schön warm, Geysire, für meine lädierten Knochen..."
Bert: "Ernie...!"
Ernie: "...und wegen der Finanzkrise soooooooo billig...."
Bert: "E R N I E E E....!"
Ernie (stutzt): "Ja, Bert?"
Bert: "Ernie, im Juli ist die B W F !!!!"
Ernie: "..ohh.."

Ernie war also diesmal nicht dabei.

Vorbereitung

Wie in jedem Jahr ein leidiges Thema. Während GO Andreas jede freie Minute rudernd auf der Limmat verbrachte und im Mai in ein Mountain-Bike Trainingslager nach Frankreich zog, entstaubte der Chronist sein gut 20 Jahre altes englisches Rennrad und liess sich zum 2. Berliner Velothon anmelden. Auch dafür war Training nötig und kleinere Runden um die 20 und 30 km wurden von Mal zu Mal zügiger gedreht. Dafür wurde aber auf das Lauftraining oder wie in früheren Jahren auf Gewaltmärsche auf den Brocken verzichtet. Beim Velothon blieben noch vereinzelte Recken hinter mir, ich war ganz zufrieden, bei der BWF sollte mir das nicht gelingen......

Anreise - eingespieltes Teamwork

Manchmal braucht es ja einige Zeit, um die richtige Anreise zu wählen. Vor zwei Jahren, als wir auch im Tessin die Wanderung beendeten, fuhren wir in der Schweiz angekommen sämtliche Strecken bis zu unserem Wandergebiet mit dem Zug. Dies hatte sich bewährt, GO Andreas besorgte günstige Gemeinde SBB-Tageskarten und schon kurz nach der Landung in Zürich und dem Barkauf geringer Mengen kohlehydrathaltiger Getränke konnte es losgehen. Aber, neben Ernie gab es in diesem Jahr noch einen prominenten Ausfall. Damit ist nicht der sich selbst immer wieder ins Spiel bringende R-Promi Wolle Reich gemeint, schlimmer, es traf den DWF/BWF-Veteranen Thomas Haun. Gut 10 Minuten vor dem Abflug in Tegel holte ihn die Finanzkrise ein. Thomas dachte sich wohl, es gibt bereits zuviel Insolvenzfälle und Frau Merkel hat ja mit Opel, Karstadt, Heideldruck, den ganzen Staatsbanken schon genug um die Ohren, da kann sie sich ja gar nicht mehr um den Wahlkampf bemühen, wenn sie jetzt auch noch mit Steuergeldern Thomas unter die Arme greifen müsste.

So trafen sich dann in Zürich die wackersten der Wackeren: GO Andreas, Stefan, Doc McCoy (Lobo), Scharfrichter Schulz, Thorsten und der Chronist. Das Alternativprogramm umfasste die GO-Gattin Ute und den Chronisten-Tross Marion und Simon. Auch hier wurde eine Hüttenwanderung in Angriff genommen, Simon's erste Hüttenübernachtung auf der Kleinen Scheidegg

Für die BWF gab es, nachdem der Zürich HB erreicht wurde und wir lange genug mit dem Zustieg zum Zug nach Lugano/Milano getrödelt hatten, nur noch Sitzplätze im Erdinger-Speisewagen. Wir prüften, ob der Brauereichef auch alle Flaschen unterschrieben hatte. War wohl auch so. Plötzlich das Kommando von Andreas - gerade hatte sich die Platzsituation im Zug ein wenig entspannt - Bier ‚runterstürzen und den Zug wechseln. Puuh....das ging gerade noch mal gut und kein weiterer Teilnehmer bei diesem Manöver verloren. Im Zug nach Airolo, unserem heutigen Nachtquartier, ging es entspannter zu, die Züricher Biere taten ein übriges.

Nachtquartier in Airolo

Kurz nach 19 h erreichten wir Airolo. Keine 100m vom Bahnhof entfernt konnten wir bereits das Minotel Airolo entdecken. Der GO liess einchecken, die Zimmerverteilung erfolgte professionell. Keine 10 Minuten später versammelten wir uns im Restaurant des Hotels und begannen mit einer schweren Merlotverfehlung. Gut, ja, es gab ja auch Mineralwasser und ein leckeres Menü, aber der dicke rote Merlot floss unentwegt durch unsere Kehlen. Es war dann ein paar Stunden später, die anstrengende Anreise forderte Tribut. Der GO und einige Verwegene orderten noch ein, zwei Stängli. Gegen das ausdrückliche Anraten unseres Bordarztes wohlgemerkt.......

Gegen die nächtliche Schädelspaltung wurden von einigen Tourteilnehmern - tags darauf leicht beschämt zugegeben - pharmazeutische Präparate eingeworfen. Der Chronist schwörte auf die heilende Kraft kalten Wassers....

Tag 1: Airolo - Ossasco - Wanderung zur Capanna Cristallina

Alle überlebten und das Frühstück schmeckte wieder. Im Gegensatz zu manchen deutschen und - vor allem - US-amerikanischen Ferienorten tat ein kräftiger Cafe Crema sein Übriges zur Stärkung der Seilschaft. Pünktlich um 9.07 h fuhr der Postbus nach Ossasco. Vorher verliessen wir geordnet unsere Zimmer und zahlten unsere Zeche. Upps...da blieb doch glatt die halbe GK in Airolo, der GK-Wart (Personalunion mit dem Chronisten; Anmerkung des Chronisten) nahm das böse Wort ‚Nachforderung' in den Mund.

Nun ging's aber los. Wenige Minuten mit dem Postbus und wir standen am Beginn des Wanderweges hinauf zum Passo di Cristallina. Starthöhe 1321m. Ohne wenn und aber ging es nun unentwegt hinauf. Für kurzfristige Verwirrung sorgte der stramme Antritt des Chronisten, der erst am ersten Stop in gut 1500 m Höhe gebremst und nach etwaigen Wundermitteln befragt wurde. Die Antwort ist aber ganz einfach. Da ich ja des Wanderns im Gegensatz zu unserem GO ungeübt bin, schlage ich anfangs immer ein zu hohes Tempo ein, was erfahrungsgemäß später bitter bezahlt werden muss.

Nach kurzem Stop ging es dann munter weiter, wiederum mit dem Chronisten an der Spitze. Eine erste Hürde wurde mit dem Erreichen der Alpe di Cristallina bei rd. 1800 m erreicht. Wir waren schon schön durchgeschwitzt, immerhin war wieder typisches BWF-Wetter: Heiter bis bewölkt, trocken und bei längeren Sonnenabschnitten schnell warm.

Weiter ging's bis um etwa 2000 m Höhe eher unspektakulär, allerdings hatten wir die Wälder und Wiesen des unteren Teilstückes bereits hinter uns gelassen. Mittlerweile übernahm unser Leitwolf die Führung und nach einem extrem steilen Stück lag uns quasi ein sonnenüberfluteter, grasbedeckter Hang vor den Füssen. Prima Plätzchen für eine Brotzeit und ein kleines Päuschen, was von dem Einen oder Anderen auch zu einem kleinen Nickerchen genutzt wurde. Ein Foto ging davon um die Welt (oder zumindest bis in Hauni's Büro im fernen Berlin).

Nach knapp einer Stunde brachen wir wieder auf. Nach Lage der Dinge war die Passhöhe und unsere heutige Hüttenetappe identisch mit 2568m angegeben. Davon trennten uns noch gut 500 Höhenmeter. Allerdings wiesen manche Schilder und Übersichtskarten die Capanna Cristallina auch bei etwa 2350m Höhe aus. Ein leichter Hoffnungsschimmer für den bereits wieder arg konditionell geforderten Chronisten. Aber auch hier war des Rätsels Lösung simpel. Bei den nicht von unserem GO autorisierten Höhenangaben handelte es sich um eine ältere Hütte, die in der Vergangenheit mehrfach von Lawinen heimgesucht und entsprechend ramponiert wurde. So hatte man sich vor wenigen Jahren entschlossen, eine neue Hütte auf Passhöhe zu erbauen. Und richtig, als wir an den Überresten der früheren Unterkunft vorbeizogen, konnten wir auch schon die neue Hütte auf dem Pass erkennen. Die letzten 200 Höhenmeter dahin waren dann aber doch sehr beschwerlich. Es lag Schnee, sehr viel Schnee. Vereinzelte Überquerungen von Schneefeldern - wie immer mal wieder in den Vorjahren erlebt - waren das nicht. Einer brachte es auf den Punkt: Das ist eine Schneeschuhwanderung ohne Schneeschuhe.

Wir mussten trotz der Anstrengungen höllisch aufpassen, dennoch brachen Tobi und der Chronist mindestens einmal mit einem Bein bis zum Oberschenkel ein. Dennoch hielt der Schnee, wir kamen ohne Probleme wieder hinaus und stapften mehr oder minder diretissima zur Hütte. Bei dem hohen Schnee sind auch die Wegmarkierungen nicht zu erkennen. Später erkannten wir dann, dass wir zu sehr in die Mitte abdrifteten, aber wir stapften langsam unserem Ziel entgegen. Der Chronist brauchte 2-3 Pausen länger als die Kameraden, Stefan sicherte.

Es war so gegen 16 h als Entwarnung und Entspannung auf der sonnigen Terrasse der SAC Capanna Cristallina angesagt wurde. Tobi als einer der ersten am Ziel orderte bereits Kuchen und Kaffee sowie weitere Getränke. Jaa, das tat gut. Die Teilnehmer zogen ihre verschwitzten Sachen aus und hingen sie zum Trocknen in den Wind. Die Kuchenteile waren riesig groß und es gab eine unglaubliche Auswahl.

Ich hatte es schon in einem früheren Bericht geschrieben. Nach und nach verschwinden die Erinnerungen an die Anstrengungen und der Blick weitet sich über die endlosen Berge, Hänge, Gletscher. Die Terrasse war großartig. Nach und nach erreichten weitere Wanderer und Gruppen die Hütte, darunter auch eine weitere Herrenriege, die offensichtlich eine ähnliche Zusammensetzung wie die BWF hatte. Auch dort gab es Nachzügler, die fluchend und unter großem Bohei der bereits Angekommenen die Terrasse erreichten. Wahrscheinlich handelte es sich da auch um den Chronisten.......

Später bezogen wir dann unser Zimmer, ein 8-Bettzimmer mit Doppelstockbetten. Recht schmal aber mit fester, gesunder Unterlage. Reichlich Platz für unsere Rucksäcke - Vorteil: wir waren ja nur zu sechst..... Man merkte der Hütte an, dass sie erst wenige Jahre alt war. Innen war es hell, große Fenster im Aufenthalts- und Speisesaal. Die Tische waren den einzelnen Gruppen zugeordnet, ab 19 h gab es Nachtmahl. Dazu floss das eine oder andere Bier, Merlot war heute Abend außen vor.

Gegen 22 h klang der erste Tag, der immerhin einen Höhenunterschied von über 1200 m aufwies, aus. Gerüchten zufolge wurde im Zimmer 5 in manchen Ecken lautstark geschnarcht.

Tag 2: Capanna Cristallina über Bocchetta di Valle Maggia zum Refugio Maria Luisa nach Italien

Heute morgen hätte man in der Capanna auch duschen können, toll was neuere Hütten so alles an Komfort bieten. Leider hatten wir keine CHF 5 Münzen und so begnügten wir uns, Zähne, Gesicht und Fingerspitzen mit eiskaltem Bergwasser zu reinigen.

Nach dem Frühstück stiegen wir vom Passo Cristallina hinunter zum Stausee Lago di Robiei. Auch heute mussten wir lange Teilstücke über Schnee- und Eisfelder bewältigen, und damit begannen wir unmittelbar vor der Cristallina-Hütte. Im Gegensatz zum gestrigen Aufstieg lag der erste Teilabschnitt noch im Schatten, womit die Schneefelder noch fest verharscht waren. Das lief sich etwas besser als am gestrigen Nachmittag und wir kamen gut voran. Es ging abwärts.

Immer wieder hielten wir kurz inne und liessen unsere Blicke schweifen. Hier ein Wasserfall, da ein unter dem Eis liegender, tiefblau schimmernder Bergsee, Schneefelder, die an den Kanten eine Dicke von bis zu 2 m aufwiesen. Nach gut 2 Stunden ging es steiler hinab und eine weitere halbe Stunde später erreichten wir im Tal eine teilweise noch völlig mit dicken Schneefeldern überzogene Strasse, die allerdings auch nur ein Versorgungsweg zu einem anderen Stausee war.

Wir folgten der Strasse einige Minuten und gelangten dann zum Abzweig zum Albergo Robiei, direkt an der Staumauer des Lago di Robiei gelegen. Nach der Tourenbeschreibung handelte es sich bei dieser Hütte - einem etwa 6-etagigem Betonhochturm - um die ehemalige Unterkunft der Staudamm Arbeiter aus dem Jahre 1960. Außen hässlich, innen soll die Hütte aber sehr angenehm sein, wir verzichteten mit der Wahl unserer Übernachtungen auf eine nähere Inspektion.

Bei allerdings herrlichem Sonnenschein machten wir nach unserem Abstieg von 720 m auf der Terrasse unsere Mittagspause und fragten den Hüttenwirt noch nach dem 2. und anstrengenden Teilabschnitt unserer heutigen Wanderung.

Steil würde es hinaufgehen, unmittelbar hinter der Hütte, sagte der Wirt und Tatsache, es ging steil hinauf. Der Anstieg, die Hitze und der schwere Rucksack machten dem Chronisten arg zu schaffen. Es war zwar sinnlos, aber der Chronist dachte - und sprach es auch aus - an Rückkehr. Die Kameraden rieten mir ab und hatten sicher auch Recht. Zunächst ist es gefährlich, allein im Gebirge zu wandern, selbst wenn man den Startpunkt des 2. Teilabschnittes noch sehen kann. Außerdem waren die Alternativen trotz eines Seilbahnanschlusses unattraktiv, da ich im Gegenzug zu der Überwanderung des Bocchetta di Valle Maggia eine komplizierte Umfahrung der halben Schweizer Bergwelt erhielte mit Zwischenübernachtung in Locarno, um zu unserem Ausgangsort Airolo zu gelangen.

Die Diskussion dauerte dennoch noch einige Minuten, bis wir eine zerstörte Holzbrücke über den reissenden Bergbach sahen. Es war zwar nicht die erste Brücke, die offensichtlich von den Schneemassen des vergangenen Winters zerdrückt wurde, aber es war die erste, die wir überqueren mussten.

GO Andreas schritt voran, die Bohlen hielten, aber sie waren auch sehr steil. Andreas half mir als nächstem - zunächst die Wanderstöcke abzunehmen und dann eine helfende Hand auszustrecken. Nach und nach gelangten so alle ans andere Ufer - und damit war mir quasi der Rückweg abgeschnitten, die Diskussion beendet. Während wir noch kurz verschnauften kam uns eine weibliche Wanderschar entgegen, die eben jene Brücke in die entgegengesetzte Richtung überqueren musste. Die Damen hatten zwar hochgebirgsmäßige Ausrüstung dabei - auch Helme und Sicherungsseile - , benötigte aber wesentlich länger.

Wir sahen sie tags darauf in Airolo, so werden es wohl alle geschafft haben.

Wir setzten unsere Wanderung fort und befanden uns mittlerweile wieder auf einer Höhe von etwa 2100 bis 2200m. Wir wanderten gut eine halbe Stunde auf diesem Hochplateau, bis wir uns unserer heutigen Herausforderung, dem Bocchetta di Valle Maggia (2635 m ) stellten.

Der Anstieg begann, und wie sollte es anders sein, die Schneefelder nahmen zu, die Wegmarkierungen ab. Tobi wollte es dann den Steinböcken nachmachen und führte uns etwas abseits in die Felsen. Tatsächlich standen wir dann einigen Steinböcken nebst Familien gegenüber - und entdeckten im gleichen Moment eine Wegmarkierung gut 30 m tiefer. Über unwegsame Felsen mussten wir hinabsteigen, um wieder auf den richtigen Weg zu gelangen.

Weiter ging es über Felsen, Schnee und Eis. Dann endlich sahen wir noch gut 250 m über uns die Passhöhe, eingerahmt von 3000er Gipfeln. Der Weg hinauf war ein einziges Eisfeld, aus dem hin und wieder Felsen ragten. Man konnte Fussspuren entdecken, immerhin waren wir richtig und wohl auch nicht die einzigsten.

Zunächst gab es noch eine Pause und der GO beschloss aufgrund meiner stark angeschlagenen Physis, meinen Rucksack durch die stärkeren Kameraden tragen zu lassen. War mir sehr peinlich, aber im Moment der GO Direktive hatte ich nicht mal Luft zum protestieren. Nun ist es ja so, das Tobi grundsätzlich den leichtesten und kleinsten Rucksack mitnimmt. Dies war diesmal auch der Fall, wenngleich der Rucksack für Tobi's Verhältnisse das Format eines Überseekoffers hatte. Der Rucksack vom GO war auch nicht viel größer und schwerer, und so übernahm Tobi meinen Rucksack und Andreas trug den zweiten leichteren zusätzlich.

So ging's los. Tobi und Thorsten wählten einen mittigen Aufstieg und kamen gut voran, wir anderen querten zunächst das Eisfeld und stiegen dann am Rand auf. Stefan ging als erster und trat die Fussstapfen ordentlich aus, so dass Andreas als Zweiter mit den beiden kleineren Rucksäcken einen leichteren Tritt hatte. Für Lobo und mich war das natürlich auch bequemer, den deutlichen Spuren zu folgen.

Nach der BWF 2004 und der BWF 2007 gab es auch in diesem Jahr eine Schrecksekunde mit Folgen. Nur einmal trat der GO nicht in die Spur von Stefan und rutschte samt der beiden Rucksäcke ab. Bäuchlings ging es gut 50 m auf dem Eis hinab, glücklicher Weise war kein Fels im Weg bevor Andreas bremsen und anhalten konnte. Zunächst sah nichts nach einer Verletzung aus und Andreas bewältigte den Aufstieg erneut. Dennoch behielt Andreas als Andenken an diesen Tag eine leichte Prellung und Abschürfungen, die in den nächsten Tagen noch recht schmerzhaft waren.
Immer weiter stiegen wir hinauf zur Passhöhe. Zwischenzeitig musste ich zur Kenntnis nehmen, dass mir der Anstieg zunächst auch ohne Rucksack beschwerlich fiel, war aber eher ein psychologisches Problem. Wir gelangten dann ohne weitere Zwischenfälle auf die Passhöhe, mit 2635 m dem höchsten Punkt der diesjährigen BWF. Ein, zwei Fotos und hinab ging es nach...Italien. Die Passhöhe markiert gleichzeitig die Grenze zwischen der Schweiz und Italien.

Steil ging's hinauf, steiler ging es hinab. Wir waren vorsichtig genug und nur gut 300 m tiefer, vor Erreichen wieder festeren Bodens sackten Tobi und Ralf im Schnee ein. Ralf setzte sich dann später nochmals auf den Hosenboden - etwas später dann auch Lobo beim Passieren der gleichen Stelle, dann aber erreichten alle die festeren Bergwiesen.

Euphorisch wurde GO Andreas dann von einer freudig jubelnden Kanadierin (wie sich bald herausstellte) begrüßt. Mann, dachten wir, der GO ist ja in den Alpen bekannt wie ein bunter Hund. Des Rätsels Lösung: Die Dame nebst Begleitung campten auf der Bergwiese und hatten unseren atemberaubenden Abstieg über den steilen Schneehang durchs Fernrohr beobachtet, und sich dann schier gefreut, dass wir alle heil den Berg hinunter gekommen sind.

Ein bisschen small talk, dann aber weiter, wir meinten ja, die heutige Unterkunft bereits gesichtet und nach nur wenigen Höhenmetern hinab auch erreicht zu haben. Der Chronist war auch wieder zu neuem Leben erwacht und konnte immerhin für den Rest der Wanderung den kleineren Rucksack von Andreas übernehmen.

So war es aber nicht. Plateau mäßig stiefelten wir hinab, aber an jeder Kante sah der Lago Toggia nebst vermeintlicher Hütte noch genauso weit weg aus wie 20 Minuten vorher. In steilen Windungen ging es hinab, begleitet vom Fiepen und rumhoppeln erstaunlich pummliger Murmeltiere.

Ich will es nicht spannender machen als es war, im Gegenteil, es war erbärmlich zeitaufwändig, bis wir uns der Hütte näherten. Immer noch eine Wiese, noch ein Hügel, wieder war ein Weg zu Ende, geht's da am Stausee entlang? Nein. Jetzt plötzlich 50 m am Fels über der Staumauer, Tobi taucht wieder auf, aus einer gänzlich anderen Richtung, da hinauf, nein, da hinunter. Endlos. Da machte Lobo eine quälende Entdeckung. Die Hütte, die wir seit gefühlten 3 Stunden direkt vor uns hatten und der wir uns nunmehr näherten, war gar nicht das Rifugio Maria Luisa. Er hatte Recht. Stille.

Wir überquerten die Staumauer, es war bereits 19 h am Abend, da.....eine Kurve herum um einen Felsbrocken, da lag die Rifugio direkt vor uns. Was auch immer wir gesehen hatten, dieses Rifugio war von der Passhöhe überhaupt nicht einsehbar.

Ende gut, alles gut?

Nein es kam besser.

Wir betraten erschöpft die Hütte und liessen Schuhe und Stöcke im Vorraum zurück, übernahmen unsere Doppelstockbetten im zugewiesenen Raum im ersten Stock, zogen uns noch trockene und saubere Sachen an und nahmen gegen 19.30 h Platz in einem gemütlichen engen Nebenraum und erfrischten uns zunächst an alkoholfreiem Bier.

Gegen 20 h versammelten sich alle Gäste im Speisesaal und hey, da ging es hoch her. Neben mehreren lautstark fröhlich feiernden Familien war die gesamte örtliche Bergrettung zu einem lautstark, fröhlich gemütlichen Abendessen zusammengekommen. Wir brüllten uns an, konnten den allgemeinen Lärmpegel aber kaum übertönen. Wir wählten Wein, erst einfachen aus dem Literkrug, dann a la carte nach Vorschlägen von Lobo (der sich selbst aber stark zurückhielt).

Dann kam das Menü, das kann man unbestritten so nennen: Selbstgemachte Lasagne mit den Ausmaßen einer Hauptspeise. Wir knieten uns hin und legten uns ´rein.........

Im Anschluss gab es einen feingeschnittenen Braten mit Beilagen, die leeren Flaschen wurden stets durch neue Gefüllte ersetzt. Den Abschluss bildeten Tiramisu und kräftiger Espresso plus Grappa.

Die Stimmung erreichte im Refugio ihren Höhepunkt. Zum Vergleich, in den Schweizer Hütten war um diese Zeit - nach 22 h - längst Zapfenstreich. Gegen 22.30 h wurden wir dezent aus dem Speisesaal in die Gaststube geleitet. Ein Bierchen ging noch dachten wir, dachten aber auch die anderen sowie Teile der Bergrettung.

Doc Lobo sah auf die Uhr und zog sich zurück. Wir gaben ihm eine halbe Stunde Vorsprung und zogen dann auch in unser Nachtquartier. In der Gaststube war noch lange nicht Schluss.

3. Tag: Passo San Giacommo - Abstieg nach All ‚Acqua

Ein netter Abend, eine erholsame Nacht, ein sonnenüberfluteter Morgen - letztlich ist es genau das, was wir an den Bergwanderungen so lieben. Nach dem Frühstück begann unsere Wanderung sogleich mit dem Aufstieg zum Passo San Giacommo. Dabei handelt es sich aber um einen Anstieg, wie ihn auch der Chronist liebt. Sanft schlängelt sich der breite Weg um den Stausee hinauf zum Pass, der nur gut 100 - 150 m höher liegt als das Rifugio. Es bleibt viel Zeit für tiefe Einblicke in die Schweiz-Italienische Bergwelt. Knapp ein Stündchen später erreichten wir die Passhöhe und eine mittlerweile völlig verfallene Grenzhütte. Wir waren wieder in der Schweiz.

Nun ging es zunächst leicht über grüne Bergwiesen hinab, an Felsen und Schneefeldern vorbei. Ein kleiner Fluss mäanderte durch die Bergwelt, diesen mussten wir überqueren. Die Wegmarkierung lag neben einem Eisengitter an einem Wehr. Da der Bach aber durch die einsetzende Schneeschmelze Hochwasser führte, war an eine Überquerung an dieser Stelle nicht zu denken. Nach längerem Überlegen gab es eigentlich nur eine Möglichkeit. Hose hochkrempeln, springen mit Zwischenditsch, die Schuhe sind per se wasserdicht und trocknen ja auch wieder. Tobi und Thorsten hatten sich aber in den Kopf gesetzt, den Bach auch trockenen Fusses zu queren, was rd. 10 min. später auch gelang, jedenfalls halb, da sie nur einen Nebenarm übersprangen. Nach weiteren 5 min. standen sie dann neben uns, unsere Schuhe waren auch schon wieder trocken.

Nun ging es im welligen Gelände mühsam hinunter. Aufgrund des noch in tieferen Lagen vorhandenen Schnees, war es nicht leicht, die Wegmarkierungen zu finden. Nach einer Weile gelang dann aber der Einstieg in einen sich immer steiler hinabschlängelnden Pfad. Eine letzte Rast, aber hier erfolgte schon der Hinweis auf den in knapp 2 h abfahrenden Postbus und den noch gut 500 Höhenmetern, die wir noch hinab laufen mussten. So brachen Lobo und der Chronist die Rast planmässig ab und führten die BWF hinab ins Tal.

Der Weg wurde schmaler und ging bald in den Hangwald über. Prima Gelände für Stolperwurzeln, aber diesmal waren alle Teilnehmer vorsichtig, selbst die von den den Hang bevölkernden Rindviechern ausgelegten Tretminen ließ keinen Bergwanderer straucheln, lediglich eine Kuh rutschte auf ihrer eigenen Sch.... aus.

Kurz vor der Strasse drosselten Lobo und ich das Tempo und die restliche BWF schloss auf. An der Strasse angekommen stellten wir fest, dass wir bis zur Ankunft des Busses noch eine gute Stunde Zeit hätten, die wir in der nächstgelegenen Bergkneipe vertrödeln konnten.

Der Postbus war pünktlich und knapp 15 min. später erreichten wir wieder Airolo, den Ausgangspunkt dieser schönen Schneewanderung. Pünktlich zur Mittagszeit war nun der richtige Zeitpunkt für ein kräftiges Schnitzel und ein weiteres kühles Bier. Während des Essens befragte GO Andreas seinen Blackberry noch nach touristischen Extratouren und wurde auch bald fündig.

Der Postbus hatte ebenso wie wir in Airolo eine Pause gemacht und fuhr nun weiter nach Andermatt über den Gotthart-Pass. Wir konnten somit noch einen Ausflug machen, der Bus hielt ca. eine halbe Stunde auf Passhöhe.

Gesagt, getan, wegen der touristischen Tour noch pro Person CHF 10 extra gelöhnt und ab ging's.

Am Gotthart mischten wir uns unter die Turnschuh tragenden Touristen und genossen noch kurz die Aussicht. Im Anschluss ging es dann in dem überfüllten Bus, eine Reisegruppe Senioren stieg laut meckernd an der Passhöhe zu. Stein des Anstosses, unsere Rucksäcke, die natürlich quer beet im Bus verteilt lagen und selbstverständlich auch unsere Sitzplätze reservierten.....

In Andermatt bestiegen wir die richtige Zahnradbahn und langsam ging es nun zurück nach Zürich, zweimal Umsteigen inklusive.

Am Flughafen traf der Chronist auf Gattin und Sohn, der seinerseits von seiner ersten ‚richtigen' Bergwanderung erzählte, wobei sein besonderer Schwerpunkt auf dem ‚Felix'-Wanderweg und die ‚Felix'-Gondel lag.

Routiniert brachte uns Air Berlin wieder nach TXL.

Nachtrag

Ein neues Wanderjahr hat begonnen, überall liegen die Landschaften aber noch unter Mrd. Tonnen Schnee. Anstelle des Klimawandels zu Palmenbedeckten Alpengipfeln, hat uns die Klima-Mafia jahrelang den wahren Schwenk verschwiegen....Hinzu kommt die dramatische Abkühlung im Schweiz-Deutschen Verhältnis durch die Aufdeckung des tatsächlichen Geschäftsmodells der Züricher Banken.

Dennoch, wir werden auch in 2010 die heikle Gratwanderung angehen. Wo es hingeht, das weis nur Einer, der GO. Unlängst, bei einem reichhaltigen Frühstück im eiskalten, verschneiten Berlin, machte der GO erste Andeutungen und versprach ‚schon bald' erste Informationen zu versenden.

Wir dürfen also gespannt sein und mit dem irgendwann einsetzenden Tauwetter unser Trainingsprogramm beginnen. Der Chronist ist bereits für den Velothon 2010 angemeldet.

Berg heil

Ralf